Das eine Problem bestand darin, dass die klassischen Semiotikbegriffe zwar wie systematische gebraucht werden, aber nach meinem Verständnis keine anschaulich nachvollziehbare, logische Fundierung besitzen. Insbesondere die beiden am weitesten verbreiteten Begriffskomplexe – „Index, Ikon, Symbol“ (Peirce) und „Syntaktik, Semantik, Pragmatik“ (Morris) – werden ja systematisch-komplementär, das heisst als restlos unterteilte Ganzheiten verstanden – von der Möglichkeit vierter oder weiterer gleichrangiger Kategorien ist nicht die Rede. Eine auf Sichtbarkeiten anwendbare, logische Begründung aber für den in semiotischer Literatur zumindest implizit erhobenen Vollständigkeitsanspruch dieser beiden dreigliedrigen Unterscheidungen habe ich nicht gefunden. (Auf die sogenannte Peirce’sche Reduktionsthese gehe ich im Peirce/Morris-Abschnitt des Kapitels „Innen- und Außenbezüge der Theorie“ ein.)
Ergeben die klassischen semiotischen Kategorien
eine anschaulich begründbare Ganzheit?
Ich habe es daher in einem frühen Stadium meiner eigenen Begriffsbildung aufgegeben, auf den eingeführten Semiotik-Begriffen für Zeichentypen und Zeichenaspekte aufbauen zu wollen – auch, um an die Entwicklung einer eigenen, auf das Sehen zugeschnittenen Terminologie möglichst offen herangehen zu können. Auf diesem Wege allerdings, der auf der gesamten Strecke die spezifischen Merkmale von Sichtbarkeiten als den alleinigen Antrieb begrifflicher Unterscheidungen wirksam werden zu lassen versucht, ist ein Begriffsgefüge entstanden, das in einigen wesentlichen Komponenten den besagten Semiotik-Begriffen stark entspricht und zum Teil mit deren logischen Relationen nahezu identisch ist. Insofern empfinde ich einen Teil meiner Theorie als eine anders hergeleitete, visuell anschauliche Bestätigung semiotischer Begriffe, welche, wegen ihrer starken Verallgemeinerung, gerade Anschaulichkeit ja eher vermissen lassen. Worin die Übereinstimmungen bestehen, beschreibe ich ebenfalls genauer im Schlusskapitel – und versuche darin auch, die systematische Beziehung der genannten semiotischen Zeichentypen für visuelle Phänomene darzustellen.