Unter visuellem Gestalten lässt sich, ganz allgemein, jedwedes beabsichtigte, sichtbar kommunikative Verhalten verstehen – also auch ein großer Teil des Alltagsverhaltens. Man kann darunter aber auch lediglich solche Handlungen verstehen, die mit besonderem, nicht-alltäglichem gestalterischen Aufwand ausgeführt werden. Ob Theorie beim praktischen visuellen Gestalten in diesem letzteren Sinne hilfreich oder hinderlich ist, ist sicherlich eine Frage individueller Veranlagungen, oder sogar des einzelnen künstlerischen Vorhabens. Viele visuell gestaltende Menschen würden das Denken in Theoriekategorien im kreativen Prozess wahrscheinlich als verkopft, versprachlicht, unintuitiv und emotionsfern ablehnen. Auch hier würde ich meine eigene Erfahrung so beschreiben, dass der Theorie-Nutzen nicht in erster Linie in einer unmittelbaren Anwendung liegt. Eher sehe ich es so, dass das theoriebegriffliche Denken zwischen den Phasen des Gestaltens ein gutes Werkzeug sein kann, um das je Erarbeitete noch einmal mit anderen Augen zu betrachten. Im Unterschied zu anderen Begriffssystemen lassen sich Überlegungen, die auf einer spezifisch visuell ausgerichteten Theorie basieren, dann allerdings tatsächlich zum Verändern und Verbessern der je weniger gedankengestützt entstandenen Teile des Gestalteten sehr konkret praktisch einsetzen. Auch der gestaltungsproduktive ist also ein Nutzen, der in einer Art Übersetzung theoretischer Struktur in kommunikative Praxis liegt.
Ich will zum Verhältnis visualistischer Theorie und visualisierender Praxis aber noch etwas anderes sagen. Man könnte es auf die kurze Formel bringen: Theorie „herzustellen“ ist (für mich) eine Fortsetzung des künstlerischen Arbeitens mit anderen Mitteln. Weshalb: